Scarlett baut


Geschichte/Zukunft

Die Geschichte

Da war es dann, das alte Haus.
Nach mehreren gescheiterten Anläufen konnte ich 2002 günstig ein 1949/50 gebautes, typisches Siedlerhaus, ein sogananntes Einfirsthaus – Stall und Wohnteil unter einem First – mit gut 4000 qm Land erwerben. Es steht in der Märkischen Schweiz, nahe meiner Heimatstadt Buckow, und ich kenne es schon seit meiner Kindheit, zurück zu den Wurzeln. Der Vorbesitzer, mein Onkel – damals ein Kind – und seine Familie waren nach dem Krieg als sogenannte Umsiedler dort eingezogen. Seine Mutter, die er bis zum Schluß gepflegt hat, wollte ihr geliebtes Haus nicht verlassen und ist im stolzen Alter von 96 Jahren dort friedlich eingeschlafen. Wenn das kein gutes Omen ist – ein Haus zum richtig alt werden. Die Lage – für uns und unsere Arbeit absolut perfekt – ein Dorf mit zwölf bewohnten Häusern, jeder Nachbar vom anderen weit genug entfernt, um befreundet zu bleiben, in wundervoller Landschaft – Wasser, Luft und Ruhe – und Berlin nur eine knappe Stunde entfernt.

Das Vorhaben: ein kombiniertes Wohn- und Arbeitshaus, Studio, Haus- und Gartenkonzerte, Gästezimmer, vegetarisches B&B (Bett & Brötchen) und ein Garten der Sinne, welcher Permakultur (siehe „Garten“) und Kunst verbinden und uns samt Gästen nebenbei irgendwann komplett versorgen wird.

Zwei „kleine“ Wermutstropfen waren dabei:
1. Ich hatte ursprünglich gedacht, daß das Haus ohne großes Genehmigungstralala umzubauen wäre, was normalerweise in gewissem Rahmen möglich ist. Allerdings stellte sich bald heraus, daß der komplette Südgiebel sich im Laufe der Jahre gefährlich geneigt hatte und so die Statik des gesamten Hauses gefährdete. Er würde also abgefangen bzw. ersetzt werden müssen. Da außerdem sowieso angebaut/vergrößert werden sollte, war ein Genehmigungsverfahren unumgänglich.
2. Eine befreundete Bauingenieurin hatte mir erzählt, daß bei Wohnhäusern im Außenbereich, die eine je nach Bundesland variierende Anzahl von Jahren unbewohnt waren, für die Zukunft eine Wohnnutzung verfällt. Die Vorbereitungen für den eigentlichen Bau hatten sich schon über ein paar Jahre hingezogen (siehe Ausräumen/Sortieren und Entkernen/Zumauern), nun war also nichts mehr mit Schritt für Schritt sondern Eile angesagt.
2009 waren die Pläne gemacht, auch die Baugenehmigung war durch, nur die Banken hatten nicht die Absicht, selbstständigen Musikern einen Kredit einzuräumen. Selbstständig ist schon schlimm, dann auch noch Musiker und, um das Ganze auf die Spitze zu treiben, eine Frau, die behauptet, bauen zu können. Das ging gar nicht.
Gespräche mit den Zuständigen der Kreditabteilungen, in denen neben zarten Hinweisen auf mein fortgeschrittenes Alter (Jahrgang 1957) auf ein mögliches Nichterleben des Rückzahlungsendes verwiesen wurde, gipfelten in der Bemerkung eines der Herren, ob ich es nicht mal mit richtiger Arbeit probieren wolle ….
Dann gab’s aber doch ein – nein zwei Wunder: einen Familienengel, der den Um- und Anbauanschub finanziell abgesichert hat und – doch eine Bank, die Freiberuflern/Musikern vertraut – die Wüstenrot Bausparkasse.

Und so sahen die Pläne im Spätsommer 2010 aus:

Dort, wo ehemals die Garage war, wird ein doppelstöckiges Tonstudio angebaut, das sowohl für Eigenproduktionen als auch für Produktionen anderer Musiker genutzt werden soll. Im Dachgeschoß sind zwei Fremdenzimmer geplant, jeweils mit eigenem Bad, die entweder den gerade produzierenden Musikern oder aber ganz normalen Urlaubern zur Verfügung stehen sollen. Da das Grundstück nicht nur sehr reizvoll mitten im Naturpark Märkische Schweiz, sondern auch unmittelbar am europäischen Radweg R1 liegt, wird sicher auch der eine oder andere Radler das B&B zu Rast und Übernachtung nutzen. Der zum Garten gelegene, frühere Eingangsbereich wird geschlossen, etwas vergrößert und aufgestockt und dann unten mein Büro und oben unser Schlafzimmer beherbergen.

Der Platz für die Hauskonzerte wird etwas kleiner ausfallen als ursprünglich geplant. Eigentlich sollte der kleine Schuppen (ehemals Waschküche) auf der Südseite des Hauses etwas vergrößert zum Tonstudio und mittels eines Wintergartens mit dem Haus verbunden werden. Durch eine verschiebbare Wand zwischen Aufnahmeraum und Wintergarten sollten eine kleine Bühne und ein Zuschauerraum für die kälteren Jahreszeiten entstehen. Als Sommerbühne war der Wintergarten mit Öffnung zum Garten hin geplant, wo das Publikum dann auf der Wiese hätte sitzen können. Auf diese Art wäre die Bühnentechnik für jede Variante immer nur ein Paar Meter zu bewegen gewesen. Die Vergrößerung des Schuppens und der Bau des Wintergartens wurden nicht genehmigt, weil das zusätzliche Versiegelung von Boden bedeutet hätte. Also haben wir umgeplant, Tonstudio wie oben beschrieben und die Hauskonzerte werden in unserem großen Wohnzimmer stattfinden. ‘ne Sommerbühne im Wintergarten war sowieso paradox, wir werden also ein anderes Plätzchen für kuschlige Gartenkonzerte im Sommer finden. In Buckow und dem auch sehr nahe gelegenen Waldsieversdorf gibt es zwei kleine Theater mit sehr aktiven Betreibern, mit denen ich lange befreundet bin, die Buckower Theaterchefin kenne ich seit meiner Kindheit. Wir haben schon einige Pläne für künftige Zusammenarbeit geschmiedet. Dazu später mehr und ausführlicher, ebenso wie zu dem Vorhaben einer Verknüpfung mit Musikerkollegen in Berlin und anderswo, die ebenfalls Hauskonzerte veranstalten.

Die Philosophie

In erster Linie geht es mir darum, das Haus und die gesamte Anlage in jeder Hinsicht ökologisch, mit niedrigem Energieaufwand (d. h. auch, möglichst viel in Eigenleistung) zu bauen und später zu betreiben. Das bedeutet praktisch, daß so weit wie möglich vorhandenes oder historisches Material, eigenes und von anderen Baustellen verbaut werden soll und auch Materialien, die – wie Lehm – für ein gesundes und ausgeglichenes Raumklima sorgen, zum Einsatz kommen. Abbruchziegel werden gereinigt und wieder verbaut, Fliesenreste werden zu Mosaiken, Fenster, Türen und andere Einbauteile sind bereits über Internetauktionen erworben bzw. von anderen Baustellen übernommen worden, alte Balken werden aufgearbeitet und der Lehm, der auf dem Grundstück fast überall unter unseren Füßen liegt, wird für Putz- und Mauerarbeiten genutzt, usw… Geplant sind: – Regenwassergewinnung und -nutzung – Pflanzenkläranlage – Solar PV-Anlage – Wärmepumpenheizung – Dämmung des gesamten Hauses mit natürlichen Materialien, Außenwände holzverschalt. Die Pläne sind gemacht, Diverses ist erledigt: Vermessung, neuer Wasseranschluß, Statiker, Prüfstatiker, Gutachter, Baugenehmigung, die Anbauten stehn, das Dach ist drauf. Nun geht’s an die restlichen Kleinigkeiten, an alles, was man selbst so kann und darf, Innenausbau, Garten, Bühne. Heizung, Sanitär, Elektro sind dank Kredit finanziell abgesichert. Letzterer ist so überschaubar, daß ich meinen 100. Geburtstag schuldenfrei feiern kann. Vielleicht klappt’s auch ein paar Tage eher.